„Eine Mischung zwischen konservativ und anarchisch“

Erschienen in „Smart Investor“, Ausgabe 4/2010, Seite 36.

Gespräch mit André F. Lichtschlag, Herausgeber und Chefredakteur der Monatszeitschrift „eigentümlich frei“ anlässlich der jüngst erschienenen 100. Ausgabe.

Smart Investor: Herr Lichtschlag, wann genau erschien die erste Ausgabe „eigentümlich frei“ und wie kam es zur Idee dazu?

Lichtschlag: 1997 tagte erstmals in Köln ein Libertäres Forum, wo beispielsweise Leute wie Gerd Habermann, Roland Baader oder Guido Hülsmann auftraten. Wir fragten uns damals: Wie verändern wir jetzt das Land? Ich sah es als meinen Part, eine Zeitschrift zu gründen. Ein paar Monate später habe ich diese Idee umgesetzt, anfangs als Hobby und in spielerischer Form. Die erste Ausgabe erschien im März 1998, damals als vierteljährliches Magazin.

Smart Investor: Wo im Links-Rechts-Spektrum würden Sie denn Ihre Zeitschrift einordnen?

Lichtschlag: Wenn Sie mich vor zwei Jahren gefragt hätten, wäre meine Antwort gewesen: weder links noch rechts, sondern quer in der Landschaft. Inzwischen gefällt mir jedoch die Links-Rechts-Definition von Ritter Erik von Kuehnelt-Leddihnbesser: demnach wären wir rechts. Er hat eine Liste mit etwa 40 Kriterien aufgestellt, woraus hervorgeht, was alles links ist. Demnach ist jeder Sozialdemokrat, aber auch jeder CDUler und fast jeder FDPler heute klar ein Linker, aber ebenso klar auch zum Beispiel Adolf Hitler. Übrig bleiben ein paar klassisch Liberale, Individualisten, Reaktionäre, Marktradikale und vielleicht ein paar Monarchisten. Dazu würde nach dieser Definition dann auch mein Magazin gehören und als seltener wirklich rechter Ausnahmefall gelten.

Smart Investor: Was wäre dann Herr Westerwelle?

Lichtschlag: Nach dieser Definition auch eher ein Linker, aber immerhin rechts von Merkel und Hitler [allgemeines Gelächter].

Smart Investor: Wenn Sie einen Satz haben, um Ihr Magazin zu beschreiben, wie würde er lauten?

Lichtschlag: Libertär, also eine Mischung aus konservativ und anarchisch, veredelt mit den Lehren der Österreichischen Schule.

Smart Investor: Eigentum hat man, und frei ist man, so könnte man meinen. Also warum dann jeden Monat, und das nun schon zum 100. Mal, ein Heft dazu konzipieren?

Lichtschlag: Nur bei völliger Achtung des Privateigentums ist wirkliche Freiheit möglich. Das Eigentum und die Privatsphäre sind hierzulande aber immer weniger gesichert. Deswegen geht uns der Stoff auch nie aus. Beispiel: Deutschland hat ja schon vor vielen Jahren das Bankgeheimnis verloren, und jetzt sind wir so imperialistisch und greifen das Bankgeheimnis der Schweiz an. Oder ein anderes Beispiel: Wenn ich über die Hälfte des Jahres für den Staat und nicht für mich selbst tätig bin, dann gehöre ich auch nicht mehr mir selbst.

Smart Investor: Wie sieht denn Ihr durchschnittlicher Leser aus?

Lichtschlag: Er ist extrem männlich, zu über 90 Prozent, zwischen 30 und 50 Jahre alt, über die Hälfte dürfte selbständig mit einem kleineren Unternehmen sein, sehr hoch gebildet, fast jeder hat mindestens Abitur.

Smart Investor: Roland Baader, einer Ihrer langjährigen und regelmäßigen Gastautoren konnte kürzlich ebenfalls ein herausragendes Jubiläum feiern: er wurde 70 Jahre alt. Was fällt Ihnen zu Roland Baader spontan ein?

Lichtschlag: Erstens: Man kann den Menschen Roland Baader einfach nicht unsympathisch finden. Zweitens: Er ist einer der ganz wichtigen Persönlichkeiten, was die Österreichische Schule anbelangt.

Smart Investor: „eigentümlich frei“ ist ja sehr vom Gedankengut der Österreichischen Schule geprägt. Warum? Was macht für Sie den Charme dieser Denkrichtung aus?

Lichtschlag: Die Österreicher warnen entgegen dem Mainstream schon seit vielen Jahren vor dem, was gerade in der Wirtschaft passiert, und sind damit die einzige ökonomische Richtung, die so viel Weitblick besitzt. 

Smart Investor: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Lichtschlag: Wir sind in den letzten 12 Jahren kontinuierlich gewachsen, bei den Leserzahlen und damit auch an Bedeutung. Wenn das die nächsten 12 Jahre so weitergeht, dann gewinnen wir vielleicht genügend Einfluss, um der Gesellschaft wichtige Impulse geben sein zu können.

Smart Investor: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!

Interview: Ralf Flierl

André F. Lichtschlag, geboren 1968 („ein echter 68er!“), ist Verleger und Herausgeber. Er studierte Politikwissenschaft, Volkswirtschaft und Soziologie in Bonn (Abschluss Magister).  Seit 1998 ist er Herausgeber der Zeitschrift „eigentümlich frei“ und betreibt zusätzlich einen kleinen Buchverlag (Lichtschlag).

Cover ef. Feiert 100. „Geburtstag“: die Monatszeitschrift „eigentümlich frei“.

Anzeige

ef-Einkaufspartner

Unterstützen Sie ef-online, indem Sie Ihren Amazon-Einkauf durch einen Klick auf diesen Link starten, Das kostet Sie nichts zusätzlich und hilft uns beim weiteren Ausbau des Angebots.